Immer weniger Deutsche können sich Wohneigentum leisten. Wer derzeit erfolgreich den Kauf einer Immobilie finanziert, gehört laut einer Studie des Analyseinstituts SWI Finance zu den 10 Prozent der wohlhabensten Deutschen. Oft ist eine Finanzierung nur durch eine vorherige Erbschaft möglich, da mehr Eigenkapital erforderlich wird.
Durch eine drastische Steigerung der Kreditzinsen, Inflation und drohende Gasknappheit ändert sich der Immobilienmarkt seit Jahresbeginn in einer kaum vorhersehbaren Dynamik. Anfragen zu Immobilienangeboten werden weniger, Finanzierungen platzen kurz vor dem Notartermin.
In den vergangenen Jahren – auch noch in 2020/ 2021 während der Hochphase der Corona-Pandemie – suchten deutlich mehr Menschen nach einem Eigenheim, als es Angebote auf dem Markt gab. Das trieb die Immobilienpreise in ungeahnte Höhen. Nun vermelden die einschlägigen Immobilienportale eine Steigerung der angebotenen Objekte um etwa 20 Prozent. Gleichzeitig ist die Anzahl der Anfragen von Interessenten gesunken – die Zahlen schwanken zwischen 19 bis zu 50 Prozent. Jetzt werden Sie sagen: „Letztlich braucht es natürlich immer nur den EINEN Käufer einer Immobilie.“ Doch den EINEN Käufer mit guter Bonität zu finden, wird schwieriger und es wird mehr Zeit in Anspruch nehmen. Zudem gewinnt die Bonitätsprüfung durch die Maklerin aus Sicht der Verkaufspartei an Bedeutung.
Liebe Eigentümer, Sie werden sich darauf einstellen müssen, dass die hohen Preise, die nach wie vor in den Immobilienportalen bestaunt werden können, in der Regel nicht mehr als Verkaufspreise beim Notar unterschrieben werden. Mehr denn je gilt: Häuser mit guter Ausstattung, in guter Lage und mit einem akzeptablen energetischen Standard werden nach wie vor ihre Käufer finden. Weniger gut aufgestellte Objekte werden es schwerer haben und möglicherweise Zugeständnisse beim Verkaufspreis erzwingen. Eigentümer, die es nicht eilig haben, ihre Immobilie zu verkaufen, können die Entwicklungen abwarten. Andere werden das immer noch hohe Preisniveau nutzen wollen. Das ist eine Frage der persönlichen Mentalität und Finanzkraft. Werden Immobilien jedoch ohne Marktkenntnis zu überhöhten Preisen in den Markt geworfen, werden sie schnell zu „Ladenhütern“. Käufer werden wählerischer. Sie nehmen wegen gestiegener Baukosten, Handwerkermangel und hoher Energiepreise eher Abstand von sehr sanierungsbedürftigen Objekten.
Doch welche Faktoren beeinflussen den Immobilienmarkt konkret?
Sie Liebe Interessenten, auf der Suche nach dem eigenen Haus, sollten einen Termin mit Ihrer Bank vereinbaren und einmal Ihren aktuellen Kreditrahmen abstecken. Waren Zinsen für eine Immobilienfinanzierung zeitweise schon bei 3,6 Prozent, liegen sie im Moment wieder unter 3 Prozent. Das bedeutet aber immer noch eine Verdreifachung im Vergleich zum Vorjahr, als die Zinssätze unter 1 Prozent lagen. (Ich selbst habe mein Haus vor 12 Jahren noch mit 4,6 Prozent finanziert, aber da waren die Kaufpreise auch niedriger!) Banken prüfen Baufinanzierungen nun strenger. Aufgrund der hohen Energiepreise mussten sie die Mindestanforderungen an Lebenshaltungskosten, Bewirtschaftungskosten und die Haushaltspauschale im Rahmen der Bonitätsbetrachtung nach oben anpassen.
Die höheren Zinskonditionen treffen häufig auf immer noch hohe Angebotspreise. Dies erfordert einem notwendig höheren Eigenkapitalanteil. Und der kann leicht im sechsstelligen Bereich liegen. Da strecken viele Käufergruppen die Flügel. Deshalb fordert nicht nur der IVD (Immobilienverband Deutschland), dass Ersterwerber für selbstgenutztes Wohneigentum von der Grunderwerbssteuer befreit werden. Das sind in NRW immerhin 6,5 Prozent vom Kaufpreis. Auch die Fortführung des Baukindergeldes wäre hier hilfreich. Übrigens ist es so, dass die Banken den Kreditrahmen immer auf das jeweilige Objekt zuschneiden. Beispielsweise gewährt die Bank für ein sanierungsbedürftiges Haus entsprechend seinem geringeren Wert weniger Kredit.
Auch der Wohnungsneubau ist eingebrochen. Ukraine-Krieg, gestörte Lieferketten und Lieferengpässe, steigende Baupreise, steigende Zinsen, Wartezeiten bei Handwerkern; Bauherren stoppen Projekte oder fangen gar nicht erst an, zu bauen; Baufirmen können nicht mehr kalkulieren. Dieses Szenario schreckt viele potenzielle Häuslebauer ab. Ein Bauunternehmen schilderte mir, dass der Markt für neue Einfamilienhäuser drastisch eingebrochen sei, da die staatlichen Förderungen gestrichen oder stark reduziert wurden. Neue Fördertöpfe sind noch nicht beschlossen oder noch nicht bekannt. Klar ist, dass mehr Fördergelder in Bestandsanierungen fließen sollen.
Wir haben also eine Situation, in der Menschen, die eigentlich Eigentum erwerben möchten, das nicht mehr können oder es nicht mehr tun, weil ihnen das Risiko derzeit zu hoch ist. Denn der Immobilienmarkt ist ein sensibles Pflänzchen. Psychologie spielt immer eine Rolle. Was ist die Folge? Der Druck auf den Mietmarkt steigt. Statt Eigenheim sucht die junge Familie nun eine größere Mietwohnung. Doch auch der Mietwohnungsbau stagniert aus oben genannten Gründen. Folge: Die Mieten steigen wegen der höheren Nachfrage.
Doch in all diesen Umbruch-Szenarien liegen auch Chancen. Angebot und Nachfrage kommen wieder in eine bessere Balance. In Hinsicht auf die Klima-Krise ist es sinnvoll, im Bestand zu sanieren. Liebe Käufer, der Kauf von Bestandsimmobilien lohnt sich, wenn Sie dort schon wohnen können, die Miete sparen und statt dessen den Kredit bedienen können – und dann in aller Ruhe nach und nach das Haus sanieren. Denn in Zeiten mit hoher Inflation ist Wohneigentum ein stabiler Wert. In den eigenen vier Wänden haben Sie zudem mehr Einfluss auf Ihre Wohn- und Nebenkosten. Die Bedeutung des Wohnens haben die meisten von uns in den letzten zweieinhalb Jahren erfahren: Das Zuhause entwickelte sich vom Wohn- zum Lebensort. Doch dazu vielleicht mehr in meinem nächsten Beitrag.