An schlechten Tagen und kurz vor dem nächsten Geburtstag erfassen mich temporär krude Gedanken: Unterliege ich – genauso wie die die Immobilien deren Preise ich einschätze – einer gewissen „Alterswertminderung“? Dann scheint wieder die Sonne, Freunde kommen zu Besuch und schon fühle ich mich wieder etwas verjüngt. Aber so ist es. Wir haben eine bestimmte Lebenserwartung. Mit dem Alter stellen sich Zipperlein oder sogar ernsthafte Krankheiten ein. Gut also, wenn wir kontinuierlich darauf achten, uns zu pflegen und etwas für unsere körperliche und seelische Gesundheit zu tun. Was hat das mit Immobilien zu tun? Auch Häuser haben eine bestimmte Lebenserwartung. Je nach Bauweise oder Baujahr kann das unterschiedlich sein. Um den Wert einer Immobilie zu bestimmen, ist ihr Alter jedoch ein zentraler Faktor. „Je älter, desto weniger wert“ – das gilt jedoch mit Einschränkung.
Die Alterswertminderung bezeichnet die Wertminderung einer Sache während ihrer Lebensdauer beziehungsweise Gesamtnutzungsdauer aufgrund von Verschleiß, Abnutzung, Verbrauch oder anderer Alterungsvorgänge. Bei einem Einfamilienhaus nimmt man an, dass es eine pauschale Lebenserwartung von 80 Jahren hat. Das habe ich mir nicht ausgedacht, sondern diese und andere Vorgaben hat der Gesetzgeber in seiner „Bekanntmachung der Richtlinie zur Ermittlung des Sachwertes“ festgelegt. Hier wird genau beschrieben, wie der Sachwert (also der Wert des Bodens und der Steine) eines Hauses berechnet wird. Dabei sind noch nicht die Gegebenheiten des Marktes berücksichtigt; also beispielsweise, ob nur wenige Häuser angeboten werden, diese sehr gefragt sind und deshalb die Preise steigen. Der Sachwert ist jedoch in der Regel die Grundlage für weitere Berechnungen oder Einschätzungen des Marktpreises einer selbstgenutzten Immobilie.
Die gute Nachricht: Wie beim eigenen Körper, können Sie auch beim Haus dafür sorgen, dass es „gut in Schuss“ bleibt und sich sein Alter quasi verjüngt. Ich wohne in einem Haus aus dem Jahr 1929. Seine Lebenserwartung von 80 Jahren ist bereits überschritten. Aber halt! Es wurde in der 80er und 90er Jahren grundlegend saniert; es hat eine Verjüngungskur durchgemacht. Und auch hier hilft die Sachwertrichtlinie weiter und sagt uns, welche Maßnahmen besonders wirksam sind, um die Substanz des Hauses und damit seinen Wert zu erhalten. Acht Punkte werden abgefragt:
- Dacherneuerung inklusive Verbesserung der Wärmedämmung
- Modernisierung der Fenster und Außentüren
- Modernisierung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser)
- Modernisierung der Heizungsanlage
- Wärmedämmung der Außenwände
- Modernisierung von Bädern
- Modernisierung des Innenausbaus (Decken, Fußböden, Treppen)
- Wesentliche Verbesserung der Grundrissgestaltung
Nun können Sie Ihr Kreuzchen machen und Punkte addieren und dann in einer Tabelle nachschauen, wie viele zusätzliche Jahre diese Modernisierungen Ihrem Haus gebracht haben. Das ganze nennt sich dann „modifizierte Restnutzungsdauer“. Die bestimmt maßgeblich den Wert Ihres Hauses! Renovierung – also Wände streichen – oder im übertragenen Sinne „Rouge auflegen“ – hilft übrigens nicht weiter…
Ein Beispiel:
Sie möchten Ihr Haus aus dem Baujahr 1974 verkaufen. Das Haus ist also heute 48 Jahre alt (= 60 % der Lebensdauer sind verbraucht). Es hätte noch eine fiktive Lebensdauer von 32 Jahren. In der Wertermittlung werden nun vom ursprünglichen Wert des Gebäudes 60 Prozent abgezogen. In Euro ausgedrückt: Würde man das Haus heute neu bauen, läge der Wert beispielsweise bei 340.000 Euro. Abzüglich 60 Prozent werden nun lediglich 136.000 angerechnet.
Aber Sie haben das Haus Anfang der 2000er Jahre „überwiegend modernisiert“! Nun würde Ihrem Haus laut Richtlinie eine verlängerte Lebensdauer von weiteren 50 Jahren zugebilligt. Es würden somit nur noch 37,5 Prozent des ursprünglichen Wertes abgezogen. Das Haus steht nun mit einem aktuellen Sachwert von 212.500 Euro da. Übrigens: Dazu kommen immer der Wert des Grundstücks (Bodenwert) und der Außenlagen.
In diesem Sinne: Seien Sie gut zu sich, das erhält Ihre Lebensfreude. Und seien Sie gut zu Ihrem Haus, das erhält seinen Wert, wenn Sie es später mal verkaufen möchten.