So kommen Sie raus aus der Steinzeit

Die Sonne lacht, die Frühblüher bringen Farbe in den Garten. Die Vögel zwitschern um die Wette, suchen Futter und Nistplätze. Als Gartenliebhaberin schalte ich um von Januar-Lethargie auf Frühlings-Aktivismus. Ein guter Zeitpunkt, um den Garten aufzuhübschen oder gar umzugestalten. Und für manche Umgestaltungsmaßnahme gibt es sogar Geld von der Kommune.

Sie ahnen es schon – es geht um das Thema Schottergarten. Etwa vor acht Jahren schien dieser Trend die Lösung für Hausbesitzer zu sein, die es nicht als Freude, sondern als lästige Pflicht empfinden, sich um das wuchernde Grün vor der eigenen Haustür zu kümmern. Andere fanden diese „puristische Gestaltung“ passig zu dem modernen Baustil mit eckigen Formen in schwarz, grau und weiß. Für etliche Menschen entsprach diese „saubere“ Gestaltung ihrem Ordnungssinn.

Nach einigen Jahren Erfahrung mit Schottergärten – wohlgemerkt nicht den klassischen Steingärten mit alpinen Gewächsen – erkannten viele Eigentümer jedoch zunehmend deren Nachteile. Schon die Anlage des Schottergartens war oft kostenintensiver als gedacht. Auch hält er nicht ewig –  je nach Qualität der Materialien drei bis zehn Jahre. Im Laufe der Zeit setzte der Kies Moos an und wurde unansehnlich. Vielleicht sind Sie den Pollen und Blättern, die sich in den Zwischenräumen der Steine verfangen haben mit dem Läubbläser oder Hochdruckreiniger zu Leibe gerückt. Und wenn Sie zu lange gewartet haben, lagen Sie auf den Knien und haben mit der Harke vergeblich versucht, zarte Pflänzchen aus diesem Substrat zwischen dem Schotter zu ziehen. Das funktioniert nur schlecht, die Harke prallt an den Steinen ab, die Pflanzen reißen ab, die Wurzel bleibt drin. Am Ende litt die Optik und Arbeit hatten Sie trotzdem genug. Da greift mancher Mitmensch schließlich zu Essigsäure, Kochsalz oder gar dem giftigen Roundup oder schwingt den Gasflämmer. (Hoffentlich nicht zu nah an der trockenen Hecke.) Spätestens an dieser Stelle kommen wir zum Klimaschutz und zur Erhaltung der Artenvielfalt. Denn hier gibt es gute Argumente gegen die steinigen Flächen und für eine grüne Gartengestaltung.

Im Sommer brennt die Sonne auf die Steine und heizt sie auf. Auch in der Nacht geben die Steine noch Wärme ab. Pflanzen die Staubpartikel aus der Luft filtern und nachts die Luft herunterkühlen fehlen hier. Wer schon mal in Südspanien oder meinetwegen auch in Meck Pom eine asphaltierte Landstraße entlanggewandert ist und dann in einen kühlen Park wechselte, versteht, was ich meine.

Dann kommt der Starkregen. In meinem eigenen Garten füllt sich der Gartenteich. Der Rest des Gartens „schluckt“ in der Regel das viele Wasser recht zügig. Anders im Schottergarten. Unter den Steinen liegt in der Regel eine undurchlässige Folie, die verhindern soll, dass Pflanzen von unten in das Beet einwachsen. Doch diese Folie verhindert ebenso, dass Wasser nach unten abfließen kann. Es sucht sich somit seinen Weg in die Kanalisation oder in Ihren Keller. Übrigens bewerten etliche Kommunen diese Schotterflächen als „versiegelte Flächen“, auf die eine Regenwassergebühr anfällt.

Selbst in der Wüste gibt es mehr Lebewesen, als im Schottergarten. Allenfalls die Mauerassel findet dort ein Zuhause. Insekten, Vögel, Regenwürmer, Käfer, oder gar ein Igel oder Eichhörnchen werden im Schottergarten verhungern. Da diese Tiere keine Grundstücksgrenzen kennen, nehmen Sie die Vorgärten einer Siedlung oder einer Stadt als Einheit wahr. Finden Sie in diesem Territorium nur Steine, werden sie keinen Nachwuchs mehr aufziehen können und verschwinden – sprich abwandern oder aussterben.

Nun eine nicht ernstgemeinte Frage: Verschenken Sie zum Muttertag oder Hochzeitstag Blumen oder Schotter? Blumen und Pflanzen erfreuen Herz und Seele. Wir können im Grünen den Wechsel der Jahreszeiten beobachten. Ein Schottergarten bleibt immer gleich. Also: Haben Sie Lust, Ihren Schottergarten wieder zu beleben?

Der NABU sagt, wie das in vier Schritten funktioniert:

  1. Zuerst muss die Kunststofffolie aus dem Boden. Sonst kann das Wasser nicht versickern und keine Bodenorganismen an die Oberfläche wandern. Zudem entsteht beim Zerfall der Plastikfolie Mikroplastik.
  2. Sand auf den Schotter auffüllen. Dieser „Feinkornanteil“ ermöglicht das Keimen von Pflanzen.
  3. Kompost auffüllen und anschließend Schotter, Sand und Kompost vermischen.
  4. Zum Schluss beispielsweise Samen für eine magere Wildblumenwiese einsäen oder Wildstauden pflanzen, die sich für Trockenstandorte eignen. Auch Bodendecker sind eine gute Alternative.

Aber nun noch zum Geld: Fast alle Kommunen im Kreis bieten mittlerweile finanzielle Anreize, um ein Ende der Steinzeit herbeizuführen. Die Stadt Enger hat ein Budget in den Haushalt eingestellt; auch die Stadt Spenge gibt maximal 500 Euro dazu, wenn der Schottergarten in eine grüne Oase verwandelt wird. Zudem gibt es Aktionen, dass die Kommune bienenfreundliche Gehölze an Hauseigentümer verschenkt. Schauen Sie mal auf die Internetseiten Ihrer Stadt oder Kommune. Andere Gemeinden loben einen Vorgarten-Wettbewerb aus, bei dem Ökologie, Vielfalt und Klimafreundlichkeit der Gartenanlage prämiert werden. In einigen Bundesländern verbieten die Bauordnung oder das Naturschutzgesetz von vornherein Schottergärten ausdrücklich.