Wohntrends in in Zeiten von Corona, Klimawandel und Wachstum der Städte

Ich verbringe viel Zeit zu Hause in diesem Jahr. Und ich bin sehr dankbar für mein schönes Zuhause. Geht es Ihnen ebenso?

Im Februar war alles noch wie immer. Vier Wochen später begann der Run auf Toilettenpapier, Nudeln und Trockenhefe. Im April haben wir den Frühjahrsputz erledigt, aufgeräumt, ausgemistet und renoviert. „Im April und Juni hatten wir ein „All-Time-High im Bereich Einrichten“, sagt der Bereichsleiter Heimtextilien und Dekoration bei Otto, Thomas Staba. Etliche entdeckten für sich das Kochen zu Hause (wieder). Auf der Spiegel-Bestsellerliste der Ratgeber-Bücher sind fast nur noch Kochbücher zu finden.

Nach den Osterferien klappten viele Mitarbeiter ihren Laptop im Büro zu und in ihrem Zuhause am Küchentisch wieder auf. Bis heute. Und vielleicht dauerhaft. Nicht zu vergessen die Familien mit schulpflichtigen Kindern: Hier ist die Langeweile schnell der manchmal stressigen Herausforderung des Homeschooling gewichen.

Den Sommer haben wir auf Grund des sonnigen Wetters gut überstanden – draußen im eigenen Garten oder im Park, mit Abstand selbstverständlich. Die wirtschaftlichen Gewinner waren in den letzten Monaten die Hersteller und die (Online-) Händler von Outdoormöbeln, Swimmingpools für den Garten und E-Bikes. Aber auch in Staudengärtnereien und Baumärkten war der begehrte Artikel oftmals ausverkauft.

Was wird davon bleiben? Zunächst einmal gibt es den Trend des Rückzugs in die eigenen vier Wände. Das bestätigt eine Umfrage der Unternehmensberatung Accenture. Sie stellt fest, der „Cocooning-Effekt“ sei heute noch stärker als nach der Finanzkrise 2008/2009 und prognostiziert gar ein „Jahrzehnt des Zuhauses“. Geld, welches sonst für Reisen ausgegeben wurde, wird nun in ein gemütliches Zuhause investiert. Gleichzeitig scheint es so zu sein, dass wir weniger, jedoch qualitativ hochwertiger kaufen. Denn das Thema Klimawandel ist nach wie vor auf dem Tisch.

Welche Wohntrends lassen sich daraus ableiten? Dick Spierenburg, seit 2011 Kreativ-Chef der Möbelmesse imm cologne hat fünf Trends formuliert:

  1. Verstärkte Entwicklung hin zum Home Office
  2. Wohnraum wird tendenziell kleiner und befindet sich häufiger in der Stadt
  3. Bedürfnis nach Natur und Grün im urbanen Raum und in der eigenen Wohnung
  4. Individualisierung
  5. Second-Hand, Sharing-Konzepte, do-it-yourself ziehen in unseren Alltagskonsum ein

Insbesondere in den städtischen Gebieten geht der Trend zu kleineren Wohneinheiten, in denen weniger Haushaltsmitglieder (oftmals nur eine Person) leben. Zum einen, weil Wohnraum in der Stadt teuer ist, zum anderen aus einer ideologischen, ressourcenschonenden Intention heraus. Die kleinere zur Verfügung stehende Wohnfläche wird flexibler genutzt. Statt mit Wänden wird der Raum durch die Möblierung in verschiedene Zonen geteilt. Paravents, Textilien und Pflanzen helfen dabei. Der Küchentisch dient nicht mehr nur als Essplatz, sondern als Arbeitsplatz und Kommunikationszentrale. Also wäre es doch eine gute Idee, wenn der Küchentisch höhenverstellbar wäre und die Stühle drumherum ergonomisch UND optisch so ansprechend, dass abends auch die Gäste gern darauf sitzen.

Auch den Klappmöbeln sagt Spierenburg ein Comeback voraus: Schränke, die mit einem ausklappbaren Tisch kombiniert sind, erfüllen das Bedürfnis nach einem diskreten Heim-Arbeitsplatz. Für kleine Apartments oder Tiny Houses gibt es Betten, die tagsüber unter einem Sitz-Podest verschwinden. (Eine tolle Aufgabe für Heimwerkerinnen).

Auch der Belüftung und Kühlung von Gebäuden wird in Zukunft eine stärkere Bedeutung zukommen – aus Gesundheits- und Klimaschutz-Gründen.

Ach ja: Und die Grünpflanze ist zurück! Nachdem Sie seit den 70er Jahren mehr und mehr aus dem Wohnraum verschwunden ist, kehrt sie nun zurück. Nicht nur Grünlilie und Monstera dürfen wieder mit uns leben. Auch das „Indoor-Gardening“ soll ein neuer Trend sein. Obst und Gemüse selbst anbauen – auf dem Fensterbrett, auf dem Balkon oder auf dem Hausdach…